Ist Prof. Edzard Ernst als WELT-Autor noch tragbar?

Berlin, 11. Dezember 2024. Offener Brief an Ulf Poschardt, Chefredakteur der Tageszeitung Die Welt, mit der Frage, ob Prof. Edzard Ernst als WELT-Autor wirklich noch tragbar ist. In diesem Brief wird auf den Beitrag von E. Ernst „Warum eine Globuli-Studie abgebrochen wurde“ (DIE WELT, Dienstag, 3. Dezember 2024) Bezug genommen.

Edzard Ernst ist Mitglied der GWUP (Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften). Diese Organisation innerhalb der sogenannten Skeptiker-Bewegung hat es sich zur Aufgabe gemacht, im Gesundheitsbereich darauf hinzuweisen, dass durch den Glauben an Alternativmedizin („Pseudowissenschaften“) wirkungsvollere Therapien unterbleiben. Bereits unter diesem Gesichtspunkt schießt Ernsts Polemik gegen die iHOM-Studie der TU München[1] meilenweit am Ziel vorbei, denn: das Studien-Design sieht explizit nicht vor, Patientinnen mit rezidivierender Blasenentzündung „entweder mit individuell ausgewählten Homöopathika oder einem Placebo zu behandeln“. Es sieht im Gegenteil vor, alle Patientinnen bei Bedarf und eindeutiger Befundlage streng nach den Regeln der konventionellen Medizin zu behandeln, zusätzlich aber zu untersuchen, ob eine homöopathische Begleitbehandlung dazu führen könnte, dass die Häufigkeit des Antibiotikaeinsatzes reduziert werden kann. Man musss davon ausgehen, dass Ernst das Studiendesign zwar gelesen hat, aber entweder unterschlägt er absichtlich das wahre Ziel der Studie oder er ist schlicht nicht in der Lage, den Unterschied zwischen einer Studie und seinem persönlichen Kampf gegen Homöopathie zu erkennen. In beiden Fällen kommt er als ernst (!) zu nehmender Experte für wissenschaftliche Fragestellungen im Bereich der Medizin nicht in Frage, erst recht nicht in einem ernst zu nehmenden Print-Medium wie der WELT.

Versorgungsforschung zeigt: Homöopathie kann Antibiotika einsparen

Die Abgeordneten des Bayerischen Landtages, die sich – teilweise parteiübergreifend – für diese Studie eingesetzt haben kannten ganz offensichtlich Ergebnisse aus der Versorgungsforschung, wonach Homöopathie dazu beitragen kann, den Antibiotikaeinsatz bei definierten Krankheitsbildern zu reduzieren. So kam zum Beispiel in Frankreich eine große Erhebung (EPI3-MSD-Kohortenstudie[2]) zu dem Ergebnis, dass HausärztInnen, die Homöopathie anwenden bei Atemwegserkrankungen nur ca. halb so viel Antibiotika anwenden wie ihre konventionell arbeitenden KollegInnen. Bislang gab es hierzu allerdings noch keine Studien, die dies auf höchstem wissenschaftlichem Niveau (randomisiert, doppelblind, placebokontrolliert) untersucht hätten. Vor dem Hintergrund weltweit zunehmender Antibiotikaresistenzen war es also weder „Ignoranz der Bayerischen Staatsregierung“ noch absehbare „Geldverschwendung“, diese Option zu untersuchen. Nimmt man hinzu, dass Kassenärzte mit Zusatzqualifikation „Homöopathie“ sogar von ihrer kassenärztlichen Vereinigung schwarz auf weiß bestätigt bekommen können, dass sie beim Antibiotikaverbrauch unter ihrem jeweiligen Fachgruppendurchschnitt liegen, dann wäre es – ganz im Gegensatz zu Ernsts Einschätzung – „unethisch“, diese Studie nicht versucht zu haben.

Der Beitrag zeigt die weltanschauliche „Verblindung“ von Edzard Ernst

Es zeigt sich, dass die weltanschauliche „Verblindung“ von Herrn Ernst als Exponent der Skeptiker-Bewegung dazu führt, bewusst oder unbewusst Schlüsse zu ziehen, die einer ergebnisoffenen Wissenschaft entgegenstehen. Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes im Kampf gegen zunehmende Resistenzentwicklungen ist schlicht eine medizinische Notwendigkeit, und wer sich dieser Aufgabe nicht stellt oder nicht stellen will manövriert sich mit fadenscheinig zurechtgebogenen Interpretationen selbst ins wissenschaftliche Abseits. Da ändert auch der Hinweis nichts, dass es Einzelfälle (Italien, Kind, Mittelohrentzündung, Globuli, tot) gibt, in denen eine Methode nicht mit ausreichender Sorgfalt oder Fachkenntnis zur Anwendung gebracht wurde. An dieser Stelle sei hinzugefügt, dass es auch im Bereich der konventionellen Medizin jederzeit Beispiele gibt, in denen Fehldiagnosen zu Komplikationen bis zum Tode führen können. Hinzu kommt, dass das RKI (Robert-Koch-Institut) von 9.700 Todesfällen[3] aufgrund von antimikrobieller Resistenz ausgeht, Tendenz steigend! Vor diesem dramatischen Hintergrund müsste sich eigentlich die Polemik von Herrn Ernst von selbst verbieten.

Wenn es an Argumenten fehlt, versucht es Edzard Ernst mit der Nazi-Keule

Zum selben Schluss muss man kommen, wenn man hinterfragt, welchen Sinn der Hinweis auf eine „Versuchsreihe im Dritten Reich“ und einen „Homöopathie-Weltkongress“ unter Naziherrschaft haben soll. Der Versuch ist altbekannt, die Homöopathie dadurch in Misskredit zu bringen, indem man auf Verstrickungen auch homöopathisch orientierter Ärzte im Dritten Reich hinweist. Meist wird dabei freilich unterschlagen, dass sich unter den im Nürnberger Ärzteprozess wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilten Ärzten ausschließlich Vertreter der damaligen naturwissenschaftlichen Medizin befanden.

Aber Ernst unterschlägt mit seinen Hinweisen auf das „Dritte Reich“ noch etwas Anderes: Bei der „Gesellschaft wahrheitsliebender Männer“, die sich 1835 mit der Wirksamkeit der Homöopathie beschäftigt haben handelte es sich um eine Freimaurerloge, und es handelte sich zwar um einen „Doppelblind-Versuch“, aber selbstverständlich nicht um „die erste randomisierte, Placebo-kontrollierte Doppelblindstudie in der Geschichte der Medizin“, wie sie heute als wissenschaftliches Experiment mit strengen ethischen und gesetzlichen Regelungen akzeptiert und angewendet wird. Die erste diesbezügliche Studie, die ihren Namen verdient wurde erst 1947 (Behandlung der Tuberkulose mit Streptomycin) durchgeführt.

Und natürlich gab es den sog. „Donner-Report“ (nach Dr. med. Fritz Donner), auf den Ernst indirekt abhebt und der die Ergebnisse von Arzneimittelprüfungen im „Dritten Reich“ zusammenfasst. Das Ergebnis war in der Tat nicht überzeugend für die Homöopathie, allerdings hatte dieser Report einen nicht unerheblichen „Schönheitsfehler“: er ist quellenkritisch äußerst problematisch, weil er erst ca. 2 Jahrzehnte nach Ende des 2. Weltkrieges verfasst wurde, wobei die Originalunterlagen, auf die sich Donner berief, nicht wieder aufgetaucht sind und somit als verschollen gelten müssen.

Wenn man sich wie Herr Ernst schon auf die Suche nach Argumenten gegen die Homöopathie macht und dabei mehr als ein halbes Jahrhundert zurück geht, dann wäre es auch fair und naheliegend zu erwähnen, dass die homöopathische Ärzteschaft bereits vor Jahren das Institut für Geschichte der Medizin der Robert-Bosch-Stiftung beauftragt hat, die Rolle homöopathischer Ärzte im Nationalsozialismus wissenschaftlich aufzuarbeiten (Mildenberger 2016[4]). Das Ergebnis: es bleibt – um Herrn Ernst aus anderem Zusammenhang zu zitieren – nicht mehr „Dreck am Ärmel“ hängen als bei anderen Berufs- und gesellschaftlich relevanten Gruppen.

Edzard Ernst ignoriert den aktuellen Stand der Homöopathie-Forschung

„Kügelchen aus Zucker sind die Basis von vielen homöopathischen Behandlungen. Deren Wirkung existiert allerdings nicht, ergaben alle bisherigen Forschungen.“ Diese Aussage von Edzard Ernst ist schlicht falsch! Der aktuelle Stand der Forschung wird  von der Universität Bern so beschrieben: „Fasst man den aktuellen Stand der präklinischen und klinischen Forschung zusammen, kann man schlussfolgern, dass homöopathische Präparate spezifische Wirkungen zeigen, die sich von Placebo unterscheiden, wenn sie adäquat eingesetzt werden…“[5]

Aber Ernst hätte ja auch auf die Idee kommen können, die Qualität alter Studien mit den aktuellen Metaanalysen bis hin zu einem systematischen Review von sechs solcher Metaanalysen (Hamre und Kiene, 2023[6]) zu vergleichen. Hat er aber nicht! Dann hätte er nämlich zugestehen müssen, dass die Qualität und Stringenz neuester wissenschaftlicher Homöopathie-Forschung keinen Vergleich mit Studien in der konventionellen Medizin zu scheuen braucht.

Auf der Grundlage positiver Studienergebnissen wurde 2021 die zusätzliche homöopathische Behandlung als Behandlungsoption in die ärztliche S3-Leitlinie „Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen Patienten“[7] aufgenommen. Auch diese Therapieempfehlung von wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften ignoriert Ernst geflissentlich.

Edzard Ernst ist Teil einer Skeptizisten-Vereinigung und nicht der internationalen Forschungsgemeinschaft

Als Aktivist der GWUP ist Ernst bekannt dafür, dass er schon seit Längerem nicht mehr wissenschaftlich tätig ist, aber regelmäßig diejenigen Wissenschaftler zu diskreditieren versucht, die zu komplementärmedizinischen Verfahren forschen. Dieses unkollegiale Verhalten hat dazu geführt, dass Ernst schon lange nicht mehr auf internationalen wissenschaftlichen Forschungs-Kongressen zur integrativen und komplementären Medizin als Redner eingeladen wurde. Hetze aber ersetzt keinen sachorientierten Austausch, sondern verhindert den Dialog, im konkreten Fall um den Sinn des Engagements der Bayerischen Landesregierung. Außerdem trägt Polemik auch nicht das Geringste dazu bei, einer Lösung des offenkundigen Problems zunehmender Antibiotikaresistenzen auch nur einen kleinen Schritt näher zu kommen. Der WELT als seriösem Print-Medium sei deshalb geraten, sich von Herrn Ernst und seinen Kommentaren zu distanzieren bzw. zu verabschieden.

[1] https://www.ihom.nephrologie.med/de#iHOM-Studie

[2] https://www.dzvhae.de/homoeopathische-arzneimittel-antibiotika-notstand/epi3laser_study_de-18/

[3] https://www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Pressemitteilungen/2022/06_2022.html

[4] https://www.wallstein-verlag.de/9783835318793-der-deutsche-zentralverein-homoeopathischer-aerzte-im-nationalsozialismus.html

[5] https://www.ikim.unibe.ch/forschung/uebersichten_zum_stand_der_forschung/homoeopathie/index_ger.html

[6] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37805577/

[7] https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/032-055OL

 

2024-12-13T09:39:49+01:00

Homöopathische Arzneimittel können beim Antibiotika-Notstand Versorgungslücken verringern

Berlin, 10. Mai 2023. Der Antibiotika-Notstand ist in diesen Tagen Thema in Praxen, Apotheken und Medien. In Boulevard-Zeitungen wird getitelt „Jede zweite Verordnung ein Problem“ und in der Fachpresse wird nach Antworten bzw. nach Strategien gesucht, wie Ärztinnen und Ärzten erlernen können, dem Patientenwunsch nach einer Antibiotikatherapie zu begegnen. Apothekerinnen und Apotheker wissen, dass der Mangel nicht alle Antibiotikagruppen gleichermaßen betrifft – so besteht die Gefahr, dass auf Antibiotika mit unnötig breitem Wirkspektrum zurückgegriffen wird. Das kann fatale Folgen hinsichtlich der weiteren Resistenzentwicklung haben. Die Patientensicherheit ist also im doppelten Sinne bedroht: einerseits durch Fehlen geeigneter Medikamente und andererseits durch deren Wirkverlust im Rahmen inadäquater Verordnung.

Homöopathisch tätige Ärztinnen und Ärzte fordern Therapiepluralismus

Ein Ausweg wäre, neben Fehlmedikation von Antibiotika und Nichts-Tun eine dritte Option ins Auge zu fassen: Homöopathie. Viele Patientinnen und Patienten wünschen sich diese als Ergänzung oder Alternative zur konventionellen Medizin. Ihnen müssten Ärztinnen oder Ärzte also keine Antibiose ausreden, auch nicht erklären, dass ein passendes Medikament gerade nicht erhältlich ist. Natürlich ist die Ärztin und der Arzt in der Lage, das Krankheitsbild einer Patientin oder eines Patienten nach konventionell-medizinischen Kriterien einzuschätzen: wie gravierend ist der Infekt, welche Komplikationen drohen, handelt es sich um einen ansonsten gesunden oder einen geschwächten und womöglich multimorbiden Patienten, welches Ersatz-Antibiotikum käme überhaupt in Frage. Aber auch: um richtig zu entscheiden, welches homöopathische Arzneimittel zum Einsatz kommen kann, ist eine qualifizierte ärztliche Weiterbildung in Homöopathie Voraussetzung.

Ärztliche Weiterbildung Homöopathie macht den Unterschied

Bei Ärztinnen und Ärzten, aber auch bei Apothekerinnen und Apothekern, die über eine Weiterbildung Homöopathie verfügen, löst die Debatte um die Versorgungsprobleme zum Teil Unverständnis aus. Einerseits, da sie belegte therapeutische Antworten auf die drängenden medizinischen Fragen haben. Aber auch, da gerade die Zusatzbezeichnung Homöopathie von den meisten Landesärztekammern abgeschafft wird. Dieses komplementäre medizinische Wissen wird in Zukunft nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Diskussion um die Apotheker-Weiterbildung Naturheilverfahren und Homöopathie hat gerade erst begonnen.

Homöopathie: Beispiele aus der Arztpraxis

 Homöopathie wird in tausenden Arztpraxen in Deutschland angewendet, abgesichert durch wissenschaftliche Erkenntnisse, tägliche ärztliche Erfahrung und ein betont patientenzentriertes Vorgehen.

  • Dr. med. Annette Schuricht, Allgemeinmedizinerin / Homöopathie, Berlin. „Ich mache die Erfahrung, dass in einer hausärztlichen Praxis relativ selten Antibiotika zwingend notwendig sind. Es gibt inzwischen genügend Studien, die belegen, dass etwa bei einer Mittelohrentzündung, einer unkomplizierten Blasenentzündung oder Sinusitis zunächst nur symptomatisch behandelt werden kann und erst bei ausbleibender Besserung gegebenenfalls ein Antibiotikum notwendig wird“.
  • Dr. med. Christine Albrecht, Allgemeinmedizinerin / Homöopathie, Berlin. „Ich schätze, dass ich 60 Prozent weniger Antibiotika verordne im Vergleich zu meiner Arztgruppe. Ich komme generell mit wenig konventionellen Arzneimitteln aus, laut Kassenärztlicher Vereinigung liege ich etwa 80 Prozent unter dem Schnitt meiner Kollegen.“
  • Dr. med. Michael Schreiner, Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Allergologe / Homöopathie und Naturheilverfahren, Gräfeling. „Unsere Antibiotikaverordnungen liegen mit 50 Prozent unter dem Durchschnitt unserer Kollegen. Der Krankheitsverlauf mit Homöopathie ist in aller Regel wesentlich besser und die Heilung stellt sich wesentlich rascher ein. Besonders bemerkenswert ist, dass wir kaum Rückfälle haben und nicht wie bei konventioneller Therapie – nach Beendigung der Antibiotikatherapie – ein Teil der Patienten wenige Tage später mit den gleichen Beschwerden wieder vorstellig wird.“

Homöopathisch tätige Ärztinnen und Ärzte stehen auf zwei therapeutischen Beinen: auf einem der konventionellen und einem der homöopathischen Medizin. Wenn etwa Therapieleitlinien nicht greifen können, weil entsprechende Medikamente nicht erhältlich sind, dann wird in der Praxis deutlich, dass wissenschaftliche Studien das eine und ärztliche Erfahrungen das andere sind. Evidenz und Relevanz verknüpfen sich zu einem starken Seil, das sich über die Abgründe von Not- oder Mangelsituationen spannen lässt.

Studien belegen die Wirksamkeit

Was die Praxis zeigt, wird durch die Wissenschaft belegt. Sowohl in der Versorgungs- als auch in der klinischen Forschung zeigen Studien, dass Antibiotika durch homöopathische Arzneimittel reduziert werden können – auch bei Nutztieren.

  • EPI 3 Studie –  Versorgungsforschung, Frankreich: Es wurden 518 Erwachsene und Kinder mit Infektionen der oberen Atemwege untersucht, wobei der Medikamentenverbrauch bewertet wurde: Die Patientinnen und Patienten in der Homöopathie-Gruppe wiesen einen signifikant niedrigeren Verbrauch von Antibiotika auf, mit ähnlich guten klinischen Ergebnissen im Vergleich zur konventionell behandelten Patienten-Gruppe.
  • Securvita BKK Auswertung: Kinder erhielten seltener Antibiotika. Besonders auffällig erwies sich dies bei Kleinkindern ab der Geburt: Mit homöopathischer Behandlung sank die Zahl der mit Antibiotika behandelten Kleinkinder im dreijährigen Untersuchungszeitraum um 16,7 Prozent, während sie in der Vergleichsgruppe um 73,9 Prozent stieg.
  • Jürgen Pannek: Die Standardbehandlung der Harnwegsinfekte ist eine Therapie mit Antibiotika. Erstmals konnte in einer prospektiven Studie gezeigt werden, dass die Anzahl der Harnwegsinfekte durch eine homöopathische Therapie reduziert werden kann, während die Infektfrequenz in der Gruppe ohne homöopathische Therapie unverändert blieb. Hier lesen Sie ein Interview mit Prof. Pannek.
  • Studie: „Homöopathie als Ersatz für Antibiotika bei der Vorbeugung von E. coli-Durchfall bei Ferkeln“ – Durchfall bei Ferkeln ist eine weit verbreitete Krankheit, die zu Gewichtsverlust und sogar zum Tod führen kann. Konventionell wird sie mit Antibiotika behandelt, was zum globalen Problem der Antibiotikaresistenz beiträgt. Deshalb sind die Studienergebnisse sehr ermutigend, denn sie zeigen, dass Ferkel von Sauen, die am Ende ihrer Trächtigkeit homöopathisch behandelt wurden, deutlich weniger E. coli- Durchfall haben als Ferkel von Sauen, die ein Placebo erhielten.

Fazit

Homöopathische Arzneimittel werden täglich in tausenden Arztpraxen als weitere Therapieoption zu Antibiotika eingesetzt – zum Wohle der Patientinnen und Patienten. Ein Mangel an Antibiotika bedeutet, dass weitere Therapieoptionen unabdingbar sind.

„Voraussetzung für den Einsatz homöopathischer Arzneien bei bakteriellen Infektionen sind jedoch entsprechende Qualifikation und Erfahrung“, sagt Dr. med. Michaela Geiger, Hausärztin und 1. Vorsitzende des DZVhÄ. Unter diesen Umständen ist Homöopathie in ärztlicher Hand sicher. Dr. Michaela Geiger: „Es ist nicht nachvollziehbar, dass diese Chance nicht genutzt wird. So kann der aktuelle Arzneimittel-Mangel eine Chance zum Erkenntnis- und Erfahrungsgewinn für den Pluralismus in der Medizin führen – gerade für vulnerablen Gruppen wie Kinder und alte Menschen.“

2023-06-30T17:53:27+02:00

DZVhÄ Standpunkt: Homöopathie und Antibiotika-Resistenzen

Homöopathie und Antibiotika-Resistenzen
Homöopathie und Antibiotika-Resistenzen

Antibiotika-Resistenzen – Ist der Einsatz von Homöopathie eine sinnvolle Therapiestrategie zur Reduktion von Antibiotika-Verschreibungen in der ambulanten Versorgung?

Deutscher Zentralverein homöopathischer Ärzte (Stand Februar 2023)

Hintergrund: Jedes Jahr kommt es in Deutschland laut RKI zu geschätzten 400.000 bis 600.000 nosokomialen Infektionen und etwa 10.000 bis 20.000 Todesfällen dadurch. Bakterielle Krankheitserreger, die gegenüber Antibiotika weniger empfindlich oder sogar völlig resistent geworden sind, nehmen weltweit zu und werden zu einer Herausforderung für die Versorgung von Patientinnen und Patienten.[1].

Die Hauptursache für die Zunahme von Antibiotika-Resistenzen sind die unsachgemäße Verordnung und Anwendung von Antibiotika in der klinischen Versorgung sowie Mängel in der Hygiene.  Der sachgerechten Verordnung von Antibiotika durch Ärztinnen und Ärzte oder Tierärztinnen und Tierärzte kommt daher eine entscheidende Rolle bei der Verminderung des Selektionsdrucks und der Sicherung von Therapieoptionen zu [1].

In Deutschland erhalten beispielsweise nach wie vor mehr als 50 Prozent der Patienten mit einer akuten Bronchitis Antibiotika. Die Einführung einer verzögerten Verschreibungsstrategie durch Abwarten und Wiedervorstellung nach 3 Tagen reduzierte in Studien die Verschreibungshäufigkeit auf unter 40 Prozent. Dabei sind in 90 Prozent der Fälle die Atemwegsinfektionen durch Viruserkrankungen bedingt – Antibiotika machen hier also meist gar keinen Sinn. Es liegt vielmehr eine Überverschreibung vor, die erhebliche Risiken mit sich bringt [2, 3, 4].

Bisher fehlen innerhalb der offiziellen staatlichen Strategien gegen Überverschreibungen von Antibiotika und den damit verbundenen Resistenzen die Untersuchung und Anwendung komplementärer und alternativer Therapien (CAM-Therapien) zur Symptombekämpfung und Behandlung von Infektionen. Auch CAM-Präventionsstrategien zur Verringerung des Einsatzes von Antibiotika werden noch nicht berücksichtigt, obwohl Beobachtungsstudien in Europa gezeigt haben, dass CAM-Therapien und -Krankenhäuser im Vergleich zu konventionellen Klinikern niedrigere Antibiotika-Verordnungsraten aufweisen [5, 6, 7].

Welchen Beitrag kann die Homöopathie zur Senkung der Verschreibungshäufigkeit von Antibiotika leisten? Homöopathische Ärzte und auch Ärzte der anthroposophischen Medizin (die homöopathisch potenzierte Arzneimittel anwenden) verschreiben sehr deutlich weniger Antibiotika bei akuten Infektionskrankheiten. Im Folgenden werden die wichtigsten Erkenntnisse aus bisherigen Studienergebnisse vorgestellt und Konsequenzen abgeleitet.

Stand des Wissens: Mehrere pragmatische Beobachtungsstudien und auch randomisierte klinische Studien haben Homöopathie mit konventioneller Medizin hinsichtlich Effektivität und Verbrauch von Antibiotika und anderen konventionellen Medikamenten untersucht. Die aktuellste und derzeit größte Studie ist die EPI3-Kohortenstudie, eine landesweite bevölkerungsbezogene Studie mit einer repräsentativen Stichprobe von 825 Hausärzten und ihren Patienten in Frankreich (2007-2008). 518 Erwachsene und Kinder mit Infekten der oberen Atemwege wurden einbezogen (79,3% Rhinopharyngitis). Im Gegensatz zu Patienten der konventionellen Hausärzte zeigten Patienten von homöopathischen Hausärzten einen signifikant geringeren Verbrauch von Antibiotika (Odds Ratio (OR) = 0,43, 95% Konfidenzintervall (CI): 0,27-0,68) und fiebersenkenden/antientzündlichen Medikamenten (OR = 0,54, 95% CI: 0,38-0,76) mit zugleich vergleichbarem klinischen Symptomenverlauf der Infekte (OR = 1,16, 95% CI: 0,64-2,10). Patienten, die sich dafür entschieden, homöopathisch zertifizierte Hausärzte aufzusuchen, nahmen also halb so viel Antibiotika und fiebersenkende/entzündungshemmende Medikamente ein, als Patienten von konventionellen Hausärzten bei ähnlichen klinischen Ergebnissen [8].

Ähnlich niedrige Verschreibungsraten von Antibiotika bei guten klinischen Ergebnissen wurden auch in weiteren homöopathischen Studien berichtet [9, 10]. Darüber hinaus ergeben sich auch gesundheitsökonomisch relevante Einsparungspotentiale (ebenfalls bei ähnlich guten klinischen Effekten), wenn die homöopathische Behandlung mit der konventionellen antibiotischen Therapie bei Kindern verglichen wird [11].

In einer randomisierten pragmatischen Studie [12] wurden Kindern im Alter von 6 Monaten bis 11 Jahren – bei denen eine akute Mittelohrentzündung diagnostiziert wurde und die mit einem verzögerten Antibiotika-Ansatz behandelt werden sollten – nach dem Zufallsprinzip mit Standardtherapie allein oder mit Standardtherapie plus sofort verschriebenen homöopathischen Ohrentropfen behandelt. Das Ergebnis: Die Antibiotika-Verschreibungen bei Kindern, die homöopathisch behandelt wurden, waren deutlich reduziert im Vergleich zur Gruppe ohne homöopathische Behandlung (Verschreibungsrate 26,9% versus 41,2%, P =0,032).

Die Autoren schließen daraus, dass homöopathische Ohrentropfen den Einsatz von Antibiotika bei Kindern mit Mittelohrentzündung, die mit einem verzögerten Antibiotika-Ansatz behandelt werden, wirksam reduzieren. Die Studie ist besonders interessant, weil sie die bereits empfohlene und validierte verzögerte Antibiotikaverschreibung mit der Anwendung homöopathischer Arzneimittel kombiniert.

Konsequenzen: Bisherige klinische Studien legen nahe, dass durch ein homöopathisches Behandlungssetting der Einsatz von Antibiotika in der ambulanten Versorgung deutlich vermindert werden kann. Die bisherigen Studien lassen im Vergleich zu konventionell behandelten Patienten auf ein Einsparpotential von ca. 50 % schließen. Strategien zur Reduktion von Antibiotikaresistenzen sollten vor diesem Hintergrund komplementärmedizinische Therapieansätze wie die Homöopathie integrieren und weiter in hochwertigen Studien untersuchen, beispielsweise in pragmatische RCTs und Comaparative Effectiveness Trials.

Referenzen

[1] Bundesministerium für Gesundheit: www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/a/antibiotika-resistenzen.html / Berlin 2023

[2] Smith SM, Fahey T, Smucny J, et al. Antibiotics for acute bronchitis. Cochrane Database Syst Rev. 2014;3:CD000245.

[3] Carl Llor & Lars Bjerrum. Antibiotic prescribing for acute bronchitis, Expert Review of Anti-infective Therapy 2016; 14:7, 633-642

[4] Spurling GK, Del Mar CB, Dooley L, Foxlee R, Farley R. Delayed antibiotic prescriptions for respiratory infections. Cochrane Database Syst Rev. 2017 Sep 7;9:CD004417

[5] Hamre, H.J., et al., Anthroposophic vs. conventional therapy of acute respiratory and ear infections. Wiener Klinische Wochenschrift, 2005. 117(7-8): p. 256-268.

[6] Kok, E.T., et al.. Resistance to antibiotics and antifungal medicinal products: can complementary and alternative medicine help solve the problem in common infection diseases? The introduction of a dutch research consortium. Evid Based Complement Alternat Med, 2015. 521584

[7] Baars EW, Belt-van Zoen E, Breitkreuz T, et al., “The Contribution of Complementary and Alternative Medicine to Reduce Antibiotic Use: A Narrative Review of Health Concepts, Prevention, and Treatment Strategies,” Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine, vol. 2019, Article ID 5365608, 29 pages, 2019.

[8] Grimaldi-Bensouda L, Bégaud B, Rossignol M, Avouac B, Lert F, Rouillon F, Bénichou J, Massol J, Duru G, Magnier AM, Abenhaim L, Guillemot D. Management of  upper respiratory tract infections by different medical practices, including homeopathy, and consumption of antibiotics in primary care: the EPI3 cohort study in France 2007-2008. PLoS One. 2014 Mar 19;9(3):e89990.

[9] Riley D, Fischer M, Singh B, Haidvogl M, Heger M. Homeopathy and conventional medicine: an outcomes study comparing effectiveness in a primary care setting. J Altern Complement Med. 2001 Apr; 7(2):149-59.

[10] Hamre HJ, Glockmann A, Schwarz R, Riley DS, Baars EW, Kiene H, Kienle GS.Antibiotic Use in Children with Acute Respiratory or Ear Infections: Prospective  Observational Comparison of Anthroposophic and Conventional Treatment under Routine Primary Care Conditions. Evid Based Complement Alternat Med. 2014; 2014:243801.

[11] Trichard M, Chaufferin G, Nicoloyannis N. Pharmacoeconomic comparison between homeopathic and antibiotic treatment strategies in recurrent acute rhinopharyngitis in children. Homeopathy. 2005 Jan; 94(1):3-9.

[12] Taylor JA, Jacobs J. Homeopathic Ear Drops as an Adjunct in Reducing Antibiotic Usage in Children With Acute Otitis Media. Glob Pediatr Health. 2014 Nov 21;1:2333794X14559395.

2024-11-15T10:04:49+01:00

DZVhÄ Standpunkt: Deklaration zu Homöopathie und Evidenz

Berlin, 06. Februar 2019. Ärztegesellschaften und Professoren kritisieren in einer öffentlichen Deklaration, dass es „Mode“ geworden sei, in Sachen Homöopathie die „therapeutische Wirksamkeit in Abrede zu stellen, obwohl die hierzu publizierte Evidenz für eine Wirksamkeit spricht“. Sie belegen ihre Richtigstellung mit Verweis auf „internationale repräsentative klinische Studien, Metaanalysen und Health-Technology-Assessments (HTAs) zur Homöopathie.“ In der Stellungnahme, die jüngst in der „Deutschen Zei tschrift für Onkologie“ veröffentlicht wurde, heißt es weiter: „Dennoch werden als Ausdruck von Ignoranz oder einer bewussten Stimmungsmache gegen die Homöopathie wissenschaftliche Fehlinformationen lanciert“.

Autor der Homöopathie-Stellungnahme ist Prof. Dr. med. Peter F. Matthiessen, Sprecher des Dialogforums Pluralismus in der Medizin (DPM). Weitere unterzeichnende Ärztegesellschaften und Professoren sind unten gelistet. Das DPM wurde im Jahr 2000 vom damaligen Präsidenten der Bundesärztekammer, Prof. Dr. med. h.c. Jörg-Dietrich Hoppe, gegründet, um eine zukunftweisende „evidenzbasierte Integrative Medizin zu erarbeiten“. Diese sei Voraussetzung für „eine vollorchestrierte Gesundheitsversorgung, durch die den individuellen Bedürfnissen der Bürger/Patienten besser entsprochen werden kann“.

Unter Integrativer Medizin „ist eine begründete Koexistenz von Paradigmen im Sinne unterschiedlicher Denk- und Praxisansätze zu verstehen“, so das DPM. Per Definition ist Integrative Medizin „die Praxis der Medizin, die die Bedeutung der Beziehung zwischen Arzt und Patient betont, sich auf die ganze Person fokussiert, sich auf Evidenz stützt und alle angemessenen Möglichkeiten für Therapie und Lebensweise (…) nutzt, um optimale Gesundheit und Heilung zu erreichen“. Zu den bekanntesten Methoden der Integrativen Medizin gehören neben der konventionellen Medizin die Naturheilkunde, Homöopathie, Akupunktur (bzw. Traditionelle Chinesische Medizin) und die Anthroposophische Medizin.

„Die Zukunft der Medizin ist integrativ“

In der Schweiz werden die genannten Methoden bereits voll von der Grundversicherung erstattet und an Universitäten gelehrt. Dazu heißt es in der Stellungnahme des DPM: „Dieser Entscheidung ist nicht nur eine Volksabstimmung, sondern auch eine doppelte wissenschaftliche Evaluation vorangegangen. Entgegen Behauptungen, es gäbe keine qualitativ hochwertigen Studien in der Homöopathie, gibt es derer eine ganze Reihe, obwohl eine institutionelle Förderung der Homöopathieforschung nicht stattfindet“.

Die Zukunft der Medizin ist integrativ, jeder zweite Bürger wünscht sich laut einer aktuellen und repräsentativen Forsa-Befragung bereits eine Medizinwende in Deutschland – hin zur Integrativen Medizin. Hierzulande werde geradezu kampagnenartig behauptet, es gebe keine Evidenz zur Homöopathie oder anderen Methoden der Integrativen Medizin, weshalb sich ein Rückbesinnen auf die Grundlagen der evidenzbasierten Medizin lohne, so Bajic weiter. „Evidenzbasierte Medizin ist per Definition eben keine ‚Kochbuchmedizin‘. Vielmehr handelt es sich um einen Ansatz, der die beste verfügbare externe Evidenz mit den klinischen Erfahrungen der Ärzte und den Werten und Wünschen der Patienten verbindet“, erklärt Bajic mit Bezug auf den Begründer der evidenzbasierten Medizin, David Sackett. „Ihr Konzept ist nicht mit dem sklavischen Befolgen von Leitlinien vereinbar, sondern mahnt zusätzlich dazu den Kontext der klinischen Erfahrung des Arztes und die Wünsche und Erfahrungen des Patienten an, um in jedem individuellen Fall die bestmögliche Behandlungsstrategie für den Patienten zu entwickeln. Dies ist bisher die Maxime des ärztlichen Handelns und sollte es zukünftig auch unbedingt bleiben im Hinblick auf Therapiefreiheit und -vielfalt.“

Vor dem Hintergrund der wissenschaftlich belegten Wirksamkeit der Homöopathie in der ärztlichen Praxis und den starken Anfeindungen gegenüber der Integrativen Medizin im Allgemeinen wie der Homöopathie im Besonderen stelle sich die konkrete Frage: „Wer hat eigentlich Angst vor der immer stärker gewünschten Integrativen Medizin und Homöopathie in Deutschland?“

Laut Deklaration haben in Deutschland aktuell 121.000 niedergelassene Ärzte (rund 95.000 Praxen) ergänzende medizinische Verfahren wie Naturheilkunde, Homöopathie, Anthroposophische Medizin oder Akupunktur in ihre ärztliche Praxis integriert.

Original-Stellungnahme mit Quellenverzeichnis zum Download

Unterzeichnende Professoren:

Prof. Dr. med. Michael Keusgen; Prof. Dr. med. Gabriele Fischer; Prof. Dr. med. Uwe an der Heiden; Prof. Dr. med. David Martin; Prof. Dr. med. Peter F. Matthiessen; Prof. Dr. Christoph Müller-Busch; Prof. Dr. med. Matthias Wildermuth; Prof. Dr. med. Arndt Büssing; Prof. Dr. rer. nat. Dirk Cysarz; Prof. Dr. med. Michael Frass; Prof. Dr. med. Karin Kraft; Prof. Dr. med. Alfred Längler; Prof. Dr. med. Harald Matthes; Prof. Dr. Jürgen Pannek; Prof. Dr. Dr. Harald Walach; Prof. Dr. med. Kurt Zänker; Prof. Dr. med. Eckhart Hahn

Unterzeichnende Ärztegesellschaften

Dialogforum Pluralismus in der Medizin (DPM)
Hufelandgesellschaft e.V. Ärztlicher Dachverband für Naturheilkunde und Integrative Medizin
Privatärztlicher Bundesverband e.V. für Privatärzte in Deutschland (PBV)
Gesellschaft anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Deutscher Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ)
Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie (WissHom)
Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur (DÄGfA)

2021-11-08T14:42:15+01:00
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