Dr. med. Jürgen de Laporte, Hausarzt und Facharzt für Innere Medizin aus Esslingen, berichtet als Delegierter des Deutschen Ärztetags (DÄT, 24. bis 27. Mai 2022) in Bremen über das Aus der Homöopathie in der Musterweiterbildungsordnung.
Ein Thema, das die Delegierten überraschte, denn es wurde erst kurzfristig auf die Tagesordnung genommen – am Tag zuvor war davon noch keine Rede. Eine inhaltliche Diskussion fand entsprechend nicht statt. Vor der Abstimmung konnte de Laporte spontan nur noch ein kurzes Pro-Homöopathie Statement halten. Vor dem DÄT hatten sich bereits 13 von 17 Landesärztekammern gegen die Zusatzbezeichnung Homöopathie in der neuen Weiterbildungsordnung ausgesprochen.
Dr. de Laporte betreibt in Esslingen eine hausärztliche Praxis. Er sieht ein grundsätzliches Kommunikationsproblem zwischen konventionell- und komplementärmedizinisch tätigen Ärztinnen und Ärzten. Er sagt: Die Erfahrungsräume dieser beiden Gruppen sind sehr unterschiedlich. Wahrgenommen wird von der jeweils anderen Gruppe nur das, was schiefläuft. Einig sind sich beide Gruppen im Ziel, nämlich der gesunde Patient. Aber die Vorstellung darüber, was eine ausreichend gute Konsultation ausmacht, ist verschieden. Die Homöopathie-Kritiker fordern eine ausschließlich wissenschaftlich orientierte Medizin und fokussieren sich auf objektivierbare Diagnosen. Integrativ-Komplementärmedizinisch tätige Ärzt*innen erfragen dagegen die Gesamtheit der Symptome.
Jürgen de Laporte wirft den konventionell tätigen Kolleg*innen fehlende Wertschätzung der Arbeit der Ärzt*innen mit Zusatzbezeichnung Homöopathie vor. “Viele meinen mit dem Thema Globuli das Wesentliche der Homöopathie erfasst zu haben. Dass es sich hierbei um ein anderes, individuelles Menschenbild handelt, in dem Selbstregulation im Mittelpunkt steht, bleibt außen vor.“
Doch de Laporte spart auch nicht mit Kritik an den Kolleg*innen aus der Homöopathie: Nach seiner Einschätzung waren vor allem in den 80er und 90er Jahren viele homöopathisch tätige Ärzt*innen überheblich und meinten, ohne konventionelle Medizin auszukommen. „Sie verkörperten den Anspruch, die besseren Ärzt*innen zu sein und haben sich vom Rest der Kolleg*innen entfernt.“
Die Entwicklung der letzten 10 Jahre, in denen dank WissHom und dem Homoepathy Research Institut (HRI) wissenschaftliche Studien unterstützt und veröffentlicht wurden, wurden vom Deutschen Ärztetag nicht wahrgenommen. Das Vorurteil ´es gäbe keine Studien` wird gebetsmühlenartig wiederholt, oder es werden diese Studien nicht mit dem gleichen Maß, wie andere Studien in der Medizin beurteilt und verurteilt: Weil nicht sein darf, was nicht sein kann.
Dr. de Laporte sieht in der Zusatzbezeichnung Homöopathie ein wichtiges Element der zuhörenden Medizin. „Die Streichung ohne Alternative reißt eine deutliche Lücke in die Versorgung von Menschen mit komplexen Beschwerden. Patienten werden sich vermehrt weniger qualifizierten Behandlern zuwenden.“
Nachdem das Pendel in den letzten Jahren stark in Richtung studienorientierter Medizin ausgeschlagen hat und der individuelle Patient etwas aus dem Fokus etwas geraten ist, freut sich Dr. de Laporte, dass sich jetzt über die LiMED (Liste Integrative Medizin) die Erfahrungsheilkunde in die ärztlichen Gremien einbringen wird. „Somit kann beigetragen werden, die “evidence based medicine” mit ihren 3 Säulen Studien/ Erfahrung /Patientenwunsch wieder aus der Schieflage der Überbewertung von Studienwissen in der Primärmedizin herauszukommen!“