Die Allgemeine Homöopathische Zeitung (AHZ) ist die Mitgliederzeitschrift des DZVhÄ. In der ersten Ausgabe 2023 steht das Thema „Covid-19 und die Folgen“ im Mittelpunkt. Lesen Sie das Editorial und die Vereinsmitteilung in voller Länge und stöbern Sie im Inhaltsverzeichnis. Mitglieder erhalten die komplette Print-Ausgabe automatisch im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.

Editorial: Covid-19 und die Folgen

von Bernhard Zauner

SARS-CoV-2: Eine veränderte Situation im Herbst

Während ich diese Ausgabe vorbereite, „rollt die Herbstwelle über uns hinweg“, die Situation ist aber eine andere als im Herbst 2021. Doch Thema ist SARS-CoV-2 noch immer. In Deutschland warnt der Gesundheitsminister nach wie vor, jedoch in abgeschwächter Form. Dafür gibt es wahrscheinlich mehrere Gründe. In Österreich hört man derzeit eher wenig, es wurde sogar schon vom Gesundheitsminister angesprochen, dass auf „Kollateralschäden“ genauer geachtet werden muss.

Neue Offenheit im Umgang mit der Pandemie

Der Unterschied zum Vorjahr ist für mich folgender: Inzwischen kann wieder offener über dieses Thema gesprochen werden, wie auch ich es vor einigen Tagen in einer größeren Runde im Austausch mit Kolleginnen, darunter Schulärztinnen, Notfall- und Allgemeinmedizinerinnen, erlebte. Es wird mittlerweile vieles – zumindest im persönlichen Gespräch – differenzierter gesehen. Wie geht es Schülerinnen nach 2 Jahren mit eingeschränkten Kontakten und den Veränderungen im schulischen Alltag? Welche Vorgehensweise ist sinnvoll, wenn trotz Dreifachimpfung monatelange Beschwerden wie Gedächtnisschwäche und Wortfindungsstörungen nach der durchgemachten Covid-Erkrankung bestehen? Wie sinnvoll sind die Empfehlungen zum sogenannten „4. Stich“?

Medien, Wissenschaft und der Einfluss sozialer Netzwerke

Dass es noch mehr Diskussion benötigt, zeigt, wie Politik, Medien und Wissenschaft mit diesem Thema umgehen bzw. umgegangen sind und wie weit diese miteinander verflochten sind. Es ist ein Prozess der letzten Jahre, dass sich das Schwarz-Weiß-Denken verstärkt hat. Interessant kann in diesem Zusammenhang auch das aktuelle und vieldiskutierte Buch von R. D. Precht und H. Welzer „Die vierte Gewalt – Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird, auch wenn sie keine ist“ sein. In dem Buch findet man, so zu lesen in der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 03.10.2022, dass die deutschsprachigen Leitmedien zunehmend von der (Un-)Kultur der sozialen Netzwerke infiziert werden, insbesondere von Twitter, wo vor allem Politiker und Journalisten aktiv sind. Sprich, die „vierte Gewalt“ (klassische Medien) wird von der „fünften Gewalt“ (soziale Medien) verdorben.

Und weiter: In den sozialen Medien, so klagen die Autoren, herrsche eine „Kultur der Assholery“. Es gehe nur ums Aufbauschen, Vereinfachen, Diffamieren, Moralisieren, Spalten und Ausgrenzen. Die Angst vor Shitstorms führe dazu, dass Journalisten zunehmend nach dem Motto „Schreibe stets so, dass deine Meinung die Meinung der anderen Journalisten sein könnte“ arbeiteten. Wer sich zu weit von einem imaginären Cursor entferne, werde umgehend als „umstritten“ eingestuft. Als Folge orten die Autoren eine allgemeine Meinungsverengung und Ansätze einer demokratiegefährdenden „Mediokratie“. Ganz so kann die NZZ das natürlich nicht stehen lassen, was ich auch für durchaus richtig halte, da es eben den Diskurs braucht und keiner die absolute Wahrheit für sich gepachtet hat. Aber es sollte zum Nachdenken anregen. Die Reaktionen, gerade in Deutschland, auf dieses Buch sind nicht so gering ausgefallen.

Wissenschaft im Spannungsfeld von Kritik und Freiheit

Auch in der Wissenschaft wiederholt sich dieses Muster. Gerne hätte ich Prof. Harald Matthes für einen Artikel gewinnen wollen. Einige können sich sicher noch über die Diskussion zu seiner geplanten Studie und Ambulanz zu Folgen und Nebenwirkungen der Impfung gegen SARS-CoV-2 im Frühling 2022 erinnern, das mediale Echo war groß, auch in den sozialen Medien. Seine geplante Studie sollte belegen, dass die Nebenwirkungsrate nach der Impfung deutlich höher ist als bisher angenommen. Es dauerte nicht lange, Kritikpunkte wurden umgehend vorgebracht.

Offiziell distanziert sich die Charité, an der Matthes eine Stiftungsprofessur innehat, von dieser Untersuchung. Die Arbeit konnte nach Überprüfung weiterverfolgt werden, ohne dass eine Richtigstellung durch die Charité-Leitung jemals erfolgte. Auch die unrichtigen Aussagen bei der Pressemitteilung der Charité mit Onlinebefragung, keine Studie etc. wurden nicht korrigiert und bei weiteren wissenschaftlichen Studien mit Nachweis der erhöhten SAE-Raten (SAE = serious adverse events), wie in der ImpfSurv-Studie, auch nicht richtiggestellt. Grundsätzlich erachte ich es als bedenklich, wenn – wie in diesem Fall – von höherer Instanz ein freies wissenschaftliches Arbeiten eingeschränkt und diffamiert wird.

Ein Blick auf Long/Post-Covid und Impfungen

In dieser Ausgabe findet sich ein Interview mit Antonella Ronchi, einer italienischen Kollegin, die sich Gedanken über die letzten Jahre macht, die Pandemie, den Umgang mit Patient*innen und die Wissenschaft. Zwei Artikel beschäftigen sich mit der Behandlung von Long/Post-Covid und Impffolgen, einer davon von Andrea Mayer et al. aus der Schweiz; sie stellt die Jus-Methode vor. Robert Schmidt, Chefarzt des Krankenhauses für Naturheilweisen in München, gibt aktuelles Wissen zu Long- und Post-Covid mit Schwerpunkt Homöopathie weiter und geht auch auf eine aktuelle Forschungsarbeit ein.