Ärztliches Leitbild

Die Homöopathie wurde vor mehr als 200 Jahren von dem deutschen Arzt Dr. Samuel Hahnemann als medizinisches Behandlungskonzept formuliert. Sie beruht auf dem Ähnlichkeitsprinzip – „Ähnliches werde durch Ähnliches behandelt“ – das seit dem Altertum von Ärzten [1] und Philosophen anerkannt ist. Hahnemann erkannte die Universalität dieses Prinzips und machte sie zur Grundlage eines umfassenden Systems der Medizin mit einer eigenständigen Vorstellung von Gesundheit und Krankheit. Die sich aus der europäischen Medizin herausgebildete Homöopathie wird heutzutage in mehr als 70 Ländern weltweit praktiziert.

Grundsatz homöopathischer Heilkunde

Die Homöopathie ist eine ärztliche Therapieform mit Einzelmitteln, die in der Regel an Gesunden geprüft und in potenzierter Form nach der Ähnlichkeitsregel verordnet werden.

Die Behandlung des Patienten erfolgt im Wesentlichen auf der Grundlage des „Organons der Heilkunst“ und der “Chronischen Krankheiten [2]“. Die Verordnung potenzierter individuell zugeordneter homöopathischer Einzelmittel erfolgt nach erlernbaren, nachvollziehbaren Kriterien. [3]

Die Homöopathie blickt auf eine über zweihundertjährige Geschichte zurück, und versteht sich als eine zeitgemäße Wissenschaft [4]. Das ihr zugrunde liegende natur-, wie geisteswissenschaftliche Menschenbild versteht den Menschen als unverwechselbares Individuum in biologischer, psychologischer und sozialer Wechselwirkung mit seinem Umfeld [5]. Die Homöopathie ist individualisiert und ressourcenorientiert, sie ist eine Medizin des ganzen Menschen.

Der homöopathisch tätige Arzt

Der homöopathisch tätige Arzt weist gemäß den gültigen Weiterbildungsrichtlinien der Landesärztekammern neben dem Medizinstudium und einer mindestens 2-jährigen klinischen Tätigkeit eine mehrjährige homöopathische Ausbildungszeit auf, die mit einer Prüfung endet. Die homöopathische Weiter- und Fortbildung orientiert sich an den Standards der Landesärztekammern und des Berufsverbandes.

Der homöopathisch tätige Arzt weiß zusätzlich zu seiner konventionellen Ausbildung die Homöopathie mit ihrem dynamischen Verständnis von Krankheit und Gesundheit zum Wohl des Patienten einzusetzen.

Der homöopathisch tätige Arzt verfügt über die Kenntnis des aktuellen diagnostischen und therapeutischen Vorgehens der zu behandelnden Erkrankung in Anlehnung an die Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften. Er ist sich der Grenzen des eigenen Handelns bewusst und trifft ggf. seine Entscheidungen in Zusammenarbeit mit Fachkollegen und Kliniken. Die homöopathische Ärzteschaft strebt eine die Fachgrenzen und Leistungssektoren übergreifende Versorgung an, mit der eine kontinuierliche homöopathische Betreuung gewährleistet ist.

Arzt-Patient-Beziehung

Die Begegnung mit dem Patienten ist gekennzeichnet durch gegenseitigen Respekt vor der Integrität, den individuellen Persönlichkeitsrechten, der Selbstverantwortung für das eigene Handeln und die eigene Gesundheit unter Wahrung der Freiheit des Patienten. Der Arzt klärt den Patienten angemessen über die homöopathische Denk- und Heilweise auf und ermöglicht es ihm so, an seiner Genesung mitzuwirken.

Die homöopathische Fallaufnahme

Die besondere Form der homöopathischen Fallaufnahme, Analyse und Gewichtung der Symptome, die vergleichende Betrachtung der homöopathischen Arzneimittellehre und Zuordnung des ähnlichen homöopathischen Arzneimittels, die Dosierung der homöopathischen Arznei – finden auf der Grundlage des Organons der Heilkunst statt [6].

Die ganzheitliche Betrachtungsweise der Behandlung und im Umgang mit dem Patienten meint nicht nur die Kenntnis der Krankheitslehre, der Pathophysiologie und ggf. der psychopathologischen Grundlagen. Ganzheitlich bedeutet auch die Wahrnehmung des Krankheitsverlaufes wie im „Organon“ und in den „Chronischen Krankheiten Band 1“ von Hahnemann niedergelegt [7].

Die homöopathische Anamnese umfasst neben der Aufnahme der körperlichen und seelisch-geistigen Symptome speziell deren Umstände des Auftretens, deren Veränderungen (Modalitäten), die spezifischen Empfindungen und die Reaktion des Organismus auf äußere Umstände sowie das Auftreten zu bestimmten Zeiten oder andere Regelmäßigkeiten. Besonderheiten werden ausführlich im Gespräch und aus der Beobachtung des Patienten herausgearbeitet.

Die ärztliche Untersuchung ist Bestandteil der homöopathischen Fallaufnahme, um alle körperlichen Zeichen und Symptome zu erfassen.

Behandlung

Es ist das Ziel der homöopathischen Behandlung, den Patient zuverlässig, sanft und nachhaltig zur Genesung zu führen. In fortgeschrittenen Erkrankungsstadien wird dieses Ziel unter Umständen nicht zu erreichen sein, hier ist das Ziel eine begleitende, palliative, lindernde Arzneitherapie.

Die Behandlung erfolgt durch die Gabe von geprüften potenzierten Arzneimitteln, die einzeln in Übereinstimmung mit dem Ähnlichkeitsprinzip ausgewählt werden.

Die Arzneipotenz und die Gabenhäufigkeit wählt der Arzt je nach der zu behandelnden akuten oder chronischen Erkrankung. Die Reaktion des Patienten auf die Arzneigabe wird in geeigneten Abständen erfasst und bewertet. Je nach Reaktion wird die Arzneigabe wiederholt, das Arzneimittel gewechselt oder das Fortschreiten der Heilung ohne erneute Gabe sorgsam beobachtet.

Ebenso wie die zur Verordnung homöopathischer Arzneimittel führende Vorgehensweise zählen die diätetische Beratung und Hinweise zur Lebensführung des Patienten sowie die Betrachtung seiner sozialen Verhältnisse zu den Aufgaben des homöopathischen Arztes. Krankheitsauslösende und erhaltende Gewohnheiten und Umstände werden beleuchtet und Wege zu einer Veränderung gesucht.

Fortbildung

Der homöopathische Arzt strebt eine kontinuierliche fachspezifische wie homöopathische Fortbildung durch das Studium der Fachliteratur, den Besuch von Kongressen, Fachfortbildungen und Qualitätszirkeln an.

Gesellschaftliche Position

Der homöopathische Arzt strebt ein gesellschaftliches Engagement im Sinne individualisierender medizinischer Behandlungskonzepte an.

Er engagiert sich nach Möglichkeit in der berufspolitischen Arbeit mit dem Ziel, die homöopathische Medizin im deutschen Gesundheitssystem und bei den Kostenträgern in GKV und PKV weiter zu festigen und auszubauen. Der Arzt engagiert sich für den Erhalt der Zulassungen homöopathischer Arzneien in Deutschland und der EU.

Effizienz, Wirtschaftlichkeit

Der homöopathische Arzt bedient sich bei Bedarf aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der konventionellen Medizin. Die homöopathische Behandlung tritt in vielen Fällen nicht nur neben die konventionelle Versorgung, sondern in sorgfältiger Abstimmung an deren Stelle. Es handelt sich bei der Homöopathie demnach nicht um eine „Fachrichtung“, sondern vielmehr um eine eigenständige Behandlungsmethode.

Der ganzheitliche Ansatz führt zu koordinierten Aktivitäten in Diagnostik und Therapie sowie zur Verzahnung der haus- und fachärztlichen und stationären Versorgung. Durch interdisziplinäre Fallbesprechungen z.B. in Qualitätszirkeln wird diesem Ansatz Rechnung getragen.

Fußnoten:

  1. In der vorliegenden Schrift wurde zur Vereinfachung für den Leser die männliche Form gewählt, selbstverständlich will in jedem Fall die weibliche Ärztin wie der männliche Arzt und Patient/in angesprochen sein
  2. Chronische Krankheiten Band 1
  3. Medical Homoeopathic Education Standards for LMHI* and ECH* Allied schools 2006
  4. Sie weist eine umfangreiche Grundlagen- wie klinische Forschung zum Wirkprinzip wie der Wirksamkeit auf.
  5. In Anlehnung an: Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information; (http://www.dimdi.de/static/de/klassi/icf/kodesuche/index.htm)
  6. § 81-100 Organon der Heilkunst
  7. siehe Quellen

Quellen

Organon der Heilkunst, Samuel Hahnemann, textkritische Ausgabe der 6. Auflage, Hrsg. Josef Schmidt. Haug Verlag 1999. Organon der rationellen Heilkunde. Dresden 1810, Arnoldische Buchhandlung. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf Spätere, jeweils vermehrte und veränderte Auflagen unter dem Titel: Organon der Heilkunst. 2. Auflage: Dresden 1818. 3. Auflage: Dresden 1824. 4. Auflage: Dresden und Leipzig 1829. 5. Auflage: Dresden und Leipzig 1833 (Volltext bei Google [6]). 6. Auflage (posthum): Leipzig 1921 (hrsg. von Richard Haehl; (Online unter zeno.org). Im Organon entwickelt Hahnemann in 291 Paragraphen die Prinzipien der Ausübung der Homöopathischen Heilkunde.

Die chronischen Krankheiten. Ihre eigenthümliche Natur und homöopathische Heilung, Theil 1-5. Erste Auflage: Leipzig 1828-1830. Zweite, veränderte und vermehrte Auflage: Leipzig und Dresden 1835-1839. (Online unter zeno.org). Hier entwickelt Hahnemann die Theorie der Unterdrückung von Erkrankungen aus der Langzeitbeobachtung seiner Patienten. Er kann hier erstmals den organüberreifenden Verlauf von Krankheiten und deren Heilung aufzeigen und begründet damit das dritte Standbein für die homöopathische Krankheitslehre

Homöopathisches Arzneibuch. Gesamtausgabe, 1. Nachtrag. Zugleich 5. Nachtrag zur Ausgabe 1978 von Deutscher Apotheker Verlag (Gebundene Ausgabe – 1991)

Medical Homeopathic Education Standards for LMHI and ECH Allied schools 2006. This Medical Homeopathic Education Standard presents the educational objectives of a programme of education and training in homeopathic medicine for doctors, agreed by the European Committee for Homeopathy and the Liga Medicorum Homoeopathica Internationalis (LMHI).